Freitag, 12. Januar 2007

Volles Rohr im Regen

Es gibt Menschen, die sind der Meinung, daß Leute wie ich eine Gefahr für die Allgemeinheit sind. Mag sein, aber was treibt sich die Allgemeinheit auch nachts auf der linken Spur einer beliebigen deutschen Bundesautobahn herum? Nein, ich entschuldige mich jetzt auch nicht dafür, daß es mir Spaß macht, wenn die Tachonadel meines Golf TDI an der 200km/h-Marke kratzt und die Landschaft fast wie im ICE3 zwischen Köln und Frankfurt/Main an einem vorbei rauscht. Es gibt in Deutschland inzwischen sowieso viel zu wenige dieser Reservate auf den Bundesautobahnen, wo man sich hemmungslos dem Rausch der Geschwindigkeit hingeben kann, also muß ich die wenigen umso intensiver nutzen. Dumm ist dabei allerdings nur, wenn dann z.B. auf einem Abschnitt der A3 zwischen Köln und Frankfurt/Main, der mal nicht auf 120 oder 130 km/h begrenzt ist, ein irgendein Linksparker den ganzen Spaß versaut. Ok, es war spät abends (kurz nach 21 Uhr), es regnete in Strömen und der arme Holländer war kilometerweit weg von zuhause. Und in Sekundenbruchteilen muß eine Entscheidung gefällt werden: fahr ich mitten durch den Kerl durch, verwandle ich die Bewegungsenergie in Reibungswärme beim Bremsen und verschwende teueren Kraftstoff beim erneuten Beschleunigen oder cruise ich mut gemütlichen 182 Stundenkilometern an ihm auf der rechten Spur vorbei? Schwere Entscheidung. Mittendurch fällt aus, da in der Stoßstange eingebaute Flex erst eine neue Trennscheibe braucht. Vollbremsung und späteres Beschleunigen ist bei den heutigen Spritpreisen finanzieller Selbstmord (vielen Dank an die Grünen) also bleibt mir nur noch das Cruisen über die rechte Spur. Das hat aber was von Traktoren erschrecken in Cars... Da fällt mir wieder ein, daß Lichthupe geben in Deutschland ja unter Nötigung fällt und deutlich teurer ist als rechts überholen. Ok, dann eben rechts an ihm vorbei, ich muß ja sparen. Als ich wieder auf der linken Spur bin, kommt die obligatorische Erziehungslichthupe vom Hilfsfahrlehrer hinter mir. Ist das dann eigentlich auch Nötigung? Egal, ich hab andere Sorgen: das Wetter macht aus dem gemütlichen Highspeed-Trip von Düsseldorf nach Stuttgart eher einen Tokio-Hotel-Song. Es schüttet teilweise wie aus Eimern gepaart mit richtig fiesen Windböen. Aber so kann's ja nicht die ganzen 415km gehen. Stimmt, auf den letzten 30 Kilometern regnet es nicht. Aber ansonsten ändern sich nur die Nummern der Autobahn, der Rest bleibt gleich... :-( Vor allem geht einem das Regenfahren aber mächtig an die Konzentration, kurz vor Frankfurt rächen sich die letzten 48 Stunden mit viel zu wenig Schlaf in schlechten Betten und ich steuere einen Parkplatz an. Wie beschränkt muß man eigentlich sein, um ein Piktogramm von einem Auto nicht von einem LKW-Piktogramm unterscheiden zu können? Naja, bei den beiden Kollegen in ihrem LKW auf dem PKW-Parkplatz stellt sich wahrscheinlich eher die Frage, was ist ein Piktogramm? Geil, doch noch ein Plätzchen für meinen kleinen Golf Variant gefunden. Rückenlehne auf Liegeposition, Wecker auf in 2 Stunden gestellt und abschnarchen. Nach 10 Minuten kommt ein freundlicher Trucker und will seinen 40-Tonner zur Einhaltung der Ruhezeiten hier auch abstellen. Dumm nur, daß die Parklücken inzwischen immer nur eine Idee zu klein für sein Gefährt sind. Aber er probiert's trotzdem 10 Minuten lang. Und es kehrt für ca. 5 Min. wieder Ruhe ein. Inzwischen ist es kurz vor 23 Uhr. Und wieder holt mich so ein 18l-Dieselmotor aus meiner Übergangsphase in Morpheus' Reich. Diesmal will einer seine Wechselbrücke abholen. Geil!!! Knappe 20 Minuten ist wieder Ruhe. Endlich... der Regen hat auch nachgelassen, jetzt sollte wirklich Schlaf möglich sein. Denkste, ich steh in der Einflugschneise für den Frankfurt Rhein-Main-Airport. Ich habe die Schnauze voll, Rückenlehne wieder in eine aufrechte Position und dann eben im gepflegten Tiefflug über die A3 auf die A67, weiter bis zur A6, dann auf die A81 und zum Schluß noch die letzten Kilometer A8. Genau 6 Kilometer nach dem Verlassen des Parkplatzes fahre ich wieder im Regensturm, der mich bis zum Engelberg-Tunnel treu begleitet. Als ich kurz nach Mitternacht das Auto zuhause abstelle habe ich 415 Kilometer in etwas über 4 Stunden reiner Fahrzeit zurückgelegt, das konnte ich auch schon mal besser...

Keine Kommentare: