Samstag, 24. März 2007

Größenwahn

Jinshan City Beach ist eine interessante Sache. Mitten in einem von Industrieabwässern versauten Abschnitt des Meeres streckt sich eine saubere Oase des Wassers. Umfangreiche Recherchen unter teilweise lebensgefährlichen Umständen haben ergeben, daß diese Oase, wie so vieles in China, gar nicht echt ist. Anstelle der Wirtschaft die Profite mit Kläranlagen und Umweltschutzauflagen zu versauen hat man in Jinshan einfach einen künstlichen See im Meer angelegt, einen schönen Sandtrand dazu aufgeschüttet und dann mit einigen Freßbuden, Beachvolleyball-plätzen, einem Quad-, Boots- und JetSki-Verleih noch jede Menge Anreize geschaffen, die hart verdienten Yuan umzuverteilen. Und wie in China üblich wurde nicht gekleckrt, sondern richtig geklotzt: der See ist keine Badpfütze wir man sie vielleicht aus Deutschland kennt, sondern schon so groß, daß es auch mal Spaß mach mit einem Motorboot mal volle Kraft voraus fahren zu können. Gemütlichere Naturen oder Familien greifen dann lieber zum sechssitzigen Elektroboot, mit dem man aber auch einigen Blödsinn anstellen kann. Richtig süß fand ich jedoch, daß es an diesem See vorgeschrieben ist, wenn man ein Boot benutzt muß man eine Rettungsweste tragen. Zu dum nur, daß ich nicht ganz dem chinesischen Durchschnitt entspreche, was die Körpergröße betrifft und so saß das Teil dann etwas verloren an mir aus :-) Was soll's...

Auch die Quads mußten dringend einem ausführlichen Test unterzogen werden. Ich hab's mir ja schon ziemlich lustig vorgestellt mit einem Quad am Sandstrand rumzuheizen. Leider hatte es die Tage zuvor geregnet, so das der Sand ziemlich fest und gepflegtes Driften etwas schwierig war, da die Quads mit einem Automatikgetriebe ausgestattet waren. Aber nach einiger Zeit hatte ich den Bogen raus und konnte reichlich spektakulär um die Ecken kommen. Allerdings fehlten dann doch ein paar PS um auch richtig geile Sandfontänen aufzuwirbeln. Und die 10 Minuten waren auch viel zu schnell vorbei. Aber wenn ich nochmal nach Jinshan komme, dann wird der Strand richtig umgegraben...

Samstag, 17. März 2007

Zhongshan Park


Schon im letzten Jahr fiel der Name Zhongshan Park ziemlich oft, hatte Queenie ihn doch auf die Karte meines Hotels als Orientierungspunkt für die Shanghaier Taxifahrer vermerkt. Und als ich bei meiner Ankunft diesmal im Mayfair Hotel den Panoramblick vom 37. Stock gönnte, sah ich ihn auch zum ersten Mal: eine grüne Oase in Mitten der Betonwüste. Mein Zimmer beim letzten Mal lag zur anderen Seite hin, wo ich nur wunderschöne Betonwände begutachten konnte. Dennoch sollte es eine ganze Woche dauern, bis ich den Park auch einmal betrat. Im Eingangsbereich bekommt man von der Zuckerwatte bis zum Zwergkaninchen so alles, was man irgendwie brauchen könnte. Nach dem Eingang stehen einige Fahrgeschäfte, wie man sie von der Kirmes kennt, nichts spektakuläres, aber mit einem gewissen Quengelfaktor durch den Nachwuchs. Ein älterer Mann träufelt Karamell zu kunstvollen Tierbildern auf ein Papier, ein Stück weiter gibt's dann noch mehr Freßbuden. Ein großer, künstlicher See lädt zum Bootfahren ein. Den Weg weiter entlang schließt sich dann eine große Wiese an, die trotz ihrer niedrigen Umzäunung stark frequentiert wird. Einige Shanghaier lassen hier Drachen steigen, die andere zum dort auch zum Verkauf anbieten. Und die Dinger steigen hier nicht nur auf so lächerliche Höhen von 20 bis 30 Metern. Nein, gut 200 Meter Schnur gehören hier zum guten Ton.

Runter von der Drachenwiese wieder zurück auf den Weg. Denn es gibt noch so einiges zu entdecken, wie ich dann feststelle. Das in China einiges anders ist als in Deutschland, merkt man nicht nur an der Schrift. Es geht schon mit den Wegen los, die bestehen nämlich aus den unterschiedlichsten Materialien. So wurden stellenweise mit schwarzen und weisen Kieselsteinen Ornamente gelegt. An anderer Stelle sind es dann Natursteinplatten. Wie ein Stück weiter sind verschiedene Pflastersteine zu schmucken Wegen verwendet worden. Und kein Weg geht einfach nur gerade aus, alles schlängelt sich harmonisch durch die Landschaft. Immer wieder gibt es kleine Pavillions, in den sich Menschen zum gemeinsamen Singen und Musizieren treffen. Das eine oder andere junge Liebespärchen hat sich in die etwas stilleren Ecken verkrochen. Etwas weiter stoße ich dann auf einen kleinen Platz, wo ein älteres Paar Badminton spielt. Ich setze mich auf eine Bank und genieße die Sonne und die für Shanghaier Verhältnisse frische Luft. Nach einiger Zeit gehe ich dann weiter und gehe in einem großen Bogen wieder auf den Eingangsbereich zu. Auf einem größeren Platz ertönt Musik aus der Konserve und ca. 20 Pärchen tanzen dazu, Jung und Alt, Profis und blutige Amateure. Der Typ im Lederoutfit, Kopfhörer stecken in den Ohren, tanzt hier mit seiner Partnerin genauso wieder das Paar im feinen Zwirn.

Freitag, 16. März 2007

Man ist was man isst...


...sagt ein Sprichwort. Hmmm, dann hätten Ray, Gary (unser Geburtstagskind), Chris und ich mit jeden Happen in ein anderes Tier verwandeln müssen. Wer schon mal in China war weiß, dass die Chinesen auf Abwechslung beim Essen stehen. Und so werden nicht wie in Deutschland große Teller aufgefahren sondern eigentlich nur kleine Tellerchen von der Größe einer Untertasse, muß die durch die Anzahl dafür sorgen, dass a) keiner hungrig aufsteht und b) richtig abwechslungsreiche Menüs ermöglichen. Diesmal gab’s von Shrimps mit Essig über Entenzungen, Omas hausgemachten Fleischtopf (Schweinebauch in brauner Sauce) oder Schildkröte mit Reis schon so einiges. Was ich aber am wenigsten erwartet hatte, war ein gemischter Salat, vor allem das Dressing hatte es mir angetan. Absoluter Höhepunkt war jedoch die King’s Snake. Und das war kein kleine Blindschleiche, sondern schon ein einstmals stattlicher Vertreter seiner Gattung. Eines gleich vorweg, das Vieh hat mehr Knochen als ein schlecht entgrätetes Fischfilet.

Sonntag, 11. März 2007

Planlos



Die Sonne ist heute deutlich vor mir aufgestanden. Gegen Mittag schaffe ich es dann auch endlich mich aus meiner superbequemen Schlafstätte zu erheben. Aber das tue ich nicht wirklich freiwillig. Der Hunger treibt mich zu diesem Akt der Verzweiflung :-) Vor dem Hotel fällt mir dann auch noch ein, daß in Shanghai Bargeld ein praktisches Mittel zum Erhalt von Nahrung, Dienstleistungen aller Art oder Shoppen ist. Die gute alte EC-Karte funktioniert hier zum Glück an allen Geldautomaten. Das digitale Zeitalter hat eben doch auch Vorteile. Irgendwie bin noch etwas unentschlossen, was die Nahrungsaufnahme angeht. Sicher ist, ich will in keinem der unzähligen KFC oder McDonald's-Restaurants landen. Auch PizzaHut ist hier stark vertreten, doch mir gelüstet eher nach chinesischer Küche. Dummerweise haben die Resturants, in denen ich letztes Jahr auf das Leckerste gespeist habe nur Karten mit chinesischen Schriftzeichen und in den seltensten Fällen Bilder. Doch ich habe mal wieder einen Geistesblitz, Ye Olde Station in der Caoxi Road ist bequem mit der Metro zu erreichen (mit der Linie 2 bis People's Square und von dort mit der Linie 1 bis Xujiahui Road für 4 Yuan, umgerechnet 0,4 Euro) und hat eine zweisprachige Karte. Kurz nach 15 Uhr stehe vor dem Restaurant und erfahre, das das Lokal erst um 16.30 Uhr öffnet. So lange will mein Hunger aber nicht warten. Und so gehe ich schweren Herzens in Gino's Cafe und bestelle mit ein paar Chicken Wings, etwas Knoblauchbrot und eine kleine Pizza. Und nun... Eigentlich wollte ich ja mit der Metro wieder ins Hotel, aber am People's Square überkommt es mich und ich verlasse die U-Bahn. An Shanghais geschichtsträchtigen The Bund flaniere ich entlang dem Hungpu River. Das Wetter ist mit stürmischem Wind ja nicht gerade prickelnd für sowas, aber immer nur Sonne ist ja auch langweilig.

Samstag, 10. März 2007

Was lange währt

Gestern früh um 7.51 Uhr ging meine Reise am Hauptbahnhof Stuttgart los. Ok, ich halte dem Reisebüro aus Köln zu Gute, daß sie bei der Buchung der Reise noch etwas Restalkohol vom Fasching (ach 'ne da heißt das ja Karneval) intus hatten. Anders kann ich mir diese Reiseplanung nicht erklären. Mit dem ICE von Stuttgart nach Frankfurt/Main, dort in einen Flieger nach Amsterdam umsteigen und dann von dort aus mit einem Fluggerät aus den 60er Jahren bis nach Shanghai: einer 747. Ok, in Frankfurt bestieg ich eine Fokker, deren Triebwerk bei Leerlaufdrehzahl so gottserbärmlich klapperten, daß sich einige Fluggäste besorgt nach dem Zustand der Maschine erkundigten. Laut dem Piloten aber vollkommen normal und absolut unbedenklich. Bei der 747-400 in Schipol hatte ich ein anderes Problem, entweder hab ich Platz für die Beine und sitz direkt vor dem Notausgang (und quetsch mit dafür nicht nur die Hüfte) oder ich hab Platz für meinen dicken Arsch und mir faulen dafür die Beine ab mangels Durchblutung. Sehr freundlich fand ich von meinem Sitznachbarn nach der ersten Durchsage der Kabinencrew die Nachfrage, ob ich Holländisch sprechen würde. Das habe ich wahrheitsgemäß verneint und bekam darauf hin einen kostenlosen Übersetzungsservice. Durch die etwas verpeilte Planung durch FCM-DER Travel mußte die Maschine auf einen Fluggast aus dem schönen Berlin warten. Somit kam Chris zu seinen 15 Minuten Ruhm und KLM nur zu 10 Minuten Verspätung beim Start. Egal, der Geier war in der Luft und ab da wurden es interessante 10 Stunden. Nachdem die Boeing auf Reiseflughöhe war, konnte ich mich vergewissern, daß Chris mit an Bord ist und ich China nicht im Alleingang machen muß. Nach dem ersten Snack gönnten wir uns dann eine gepflegte Prügelei bei Tekken auf der PSP (wie ging's nochmal aus, Chris?). Aber irgendwann wurden mir die Sprösslinge unserer chinesischen Passagiere dann doch zuviel und ich zog mich wieder auf meinen Platz am Notausgang zurück. Naja, aufgrund der etwas spärlichen Platzverhältnissen wurde aus erholsamen Schlaf erstmal nichts. Egal, James Bond wird mich mit Casino Royale schon darüber hinweg trösten. Dumm nur, daß mein Schulenglisch und das der Darsteller irgendwie inkompatibel erscheint. Und die chinesischen Untertitel sind mir auch keine Hilfe :-( Aber ich beiß mich durch den Film. Und nach gut 2 Stunden bin ich dann auch so platt, daß ich ganze 30 Minuten schlafen konnte. Ich wache auf und wir sind irgendwo über der sibirischen Tundra. Durch den wolkenlosen Himmel erkenne ich gut 11 km unter uns einige Städte. Sieht aus der Höhe schon seltsam aus. Wie kleine Glutnester. Gegen 6 Uhr morgens überfliegen wir dann Beijing. Ich kann die die verbotene Stadt erkennen. Kurz darauf geht dann auch die Sonne auf. Noch 1,5 Stunden bis Shanghai.Die Flugbegleiterinnen servieren ein seltsames Frühstück: ein warmes Ciabatta mit Kräuterkäse und Tomate, einem Joghurt, einem Becher Actimel, etwas Orangenfilets und einem Früchtebrot. Irgendwie hatte ich was anderes erwartet :-). Egal, im Landeanflug auf Pudong sammeln sie den Müll ein. 32 Minuten früher als erwartet setzt die 747 dann in Pudong auf. Endlich aus dieser Alubüchse raus und eine uneingeschränkte Durchblutung aller Extremitäten. Beim Gesundheitsamt gebe ich einen Zettel ab, die Entry Card werde ich einen Schalter weiter bei der Einwanderungsbehörde los und dann kann ich auch schon meinen Koffer am Band in Empfang nehmen. Das letzte Blatt mit der Zollerklärung werde ich dann auch noch los und zusammen mit Chris komme ich dann in die Empfangshalle. Lilly steht in der ersten Reihe und freut sich wie ein kleines Kind an Weihnachten Chris wiederzusehen. Nach etwas Smalltalk trennen sich unsere Wege, Chris fährt nach Jinshan und ich in mein Hotel in Shanghai Chingning. Ich check erstmal ein und dann leg ich mich erstmal schlafen. Es ist 9 Uhr morgens Ortszeit als ich mein Zimmer betrete. Gute Nacht zusammen.