Sonntag, 6. April 2008

Schwedische Gardinen

Vor einigen Tagen bekam ich von einer guten Freundin eine nette Powerpoint-Präsentation geschickt. Darin ließ sich ein unbekannter Autor über einen bekannten Möbelbausatz-Vertrieb aus. Was habe ich gelacht, wie der arme Kerl unter dem Samstagsausflug zu einer dieser Fialien gelitten hat. Da ich zufällig ein paar neue Möbel brauchte, dachte ich mir, diesen Fehler mache ich nicht und gehe dort am Freitag vormittag hin. Freitag morgens 11 Uhr, irgendwo in Ludwigsburg betrete ich Filiale 225 des schwedischen Global-Players und es sollte mein Leben und meine Einstellung zu dieser Kette grundlegend verändern.
Das Bücherregal BILLY und zwei CD-Ständer BENNO waren schnell ausgesucht, jetzt ging es noch darum einen pfiffigen Tisch für meinen Multifunktionsraum (Schlafzimmer, Bibliothek und Esszimmer in einem) zu finden. Nach einer Runde im umbaubedingt reduzierten Sortiment fiel die Wahl dann auf den Bartisch BJÖRKUDDEN. Schnell die Artikelnummern, Stückzahlen, Namen etc. notiert und dann eine Etage tiefer, um dort nach Geschirr, Besteck und anderen Kleinigkeiten Ausschau zu halten. Meinen guten Geschmack in Sachen Geschirr scheinen noch andere zu teilen, jedenfalls waren anstelle der gewünschten vier nur noch zwei Teller vorhanden. Macht ja nichts, auch die Schweden sind serviceorientiert. Also schnell mal einen der gelb/blau-uniformierten Mitarbeiter fragen. Wenn denn einer dagewesen wäre. In einer Abteilung von der Größe eines halben Fußballfeldes nicht ein Mitarbeiter zu sehen. In der benachbarteilten Stoffabteilung hab ich dann einen gefunden, der sich immerhin zu der Aussage hinreißen ließ: "Da mußte doch jemand sein..." Ach nee, die USA haben im Irak ja auch gefährliche Giftgasraketen gesucht und nicht Ölvorkommen sichern wollen... Dennoch schaffe ich es, den Angestellten davon zu überzeugen, sich selbst ein Bild von der benachbarten Abteilung zu machen. Auch er findet keinen Kollegen. Noch eine Parallele zum zweiten Golfkrieg... Worum es denn ginge, wollte er dann wissen. Ich erkläre kurz, daß ich von jenem Teller gerne vier anstatt nur zwei haben möchte. Er werde nachsehen, meinte er im Weggehen. Wow, hätte ich nicht erwartet. Sollte man vielleicht doch um seine Kunden bemüht sein? Fünf Minuten später kam der nette Miarbeiter wieder und meinte, daß keine dieser Teller mehr im Lager seien, sie aber nächsten Dienstag oder Donnerstag wieder reinkommen würden. Nochmal extra herfahren und daß nur wegen zweier Teller? Umweltpolitisch absoluter Schwachsinn... Also habe ich mich eben für die zweitbeste Lösung entschieden. Noch schnell das neue Besteck in den Wagen gepackt, einen schicken schwarzen Tischläufer und die passenden Sets dazu. Und nun ab in die Lagerhalle der Möbelbausätze. Das Regal mit meinen Regalen habe ich gleich gefunden, doch wo versteckt sich der schicke Tisch? Auch das elektronische Suchsystem mit Touchscreen, kann mir nicht weiterhelfen. Also ab zum Rettungsanker der depressionsgeplagten Möbelschrauber: die Information. Doch da hat sich inzwischen eine kleine Schlage von fünf Leuten gebildet. Und wie es sich gehört, hinten angestellt. So nach zehn Minuten fällt mir dann auf, daß neben der Mitarbeiterin noch ein Mitarbeiter sitzt, der scheinbar nichts zu tun hat, also schnell mal an den Herrn gewandt. Doch ich hatte noch nicht einmal das erste Wort gesprochen, blockte er ab: "Stellen Sie sich bei meiner Kollegin an." Und das in einem Ton, der mich ernsthaft überlegen ließ den ganzen Schund ihm vor die Füße zu kippen und zu Mömax zu gehen...
Es kommt selten vor, daß mir meine Schlagfertigkeit abhanden kommt, aber da war ich wirklich perplex. Mag ja sein, daß der Umbau die Mitarbeiter des schwedischen Großpuzzlelieferanten sehr belastet, aber der Kunde sollte davon nichts abbekommen. Also wieder zurück in meine Schlage und festgestellt, daß diese inzwischen nicht nennenswert kürzer geworden ist. Also emußte ein Plan B her... ich wollte mich an einen Mitarbeiter aus der Möbelabteilung eine Etage höher wenden, daß wäre sicher schneller. Das bedeutete, daß mal eben durch ca. zwei Drittel des Ladens gegen den Strom unterwegs sein würde. Zum Glück war heute nicht Samstag... In der Möbelabteilung fand ich dann auch eine Information und die Schlage davor bestand nur aus einem Pärchen. Glückstag? Denkste... kaum war das Pärchen abgefertigt, meinte die Möbelfachverkäuferin, sie wäre gleich wieder da. Was mich zu er Äußerung veranlaßte, daß ich warten hier schon gewohnt sei. Die Zeit überbrückte ich dann mit einer kreativen Verschönerung meiner Gedächtnisstütze. Was ich nicht wissen konnte, die Dame verschwand, um ein anderes Pärchen beim Erwerb eines Sitzmöbels zu unterstützen. Dauerte wirklich nicht lange, nur etwa 15 weitere Minuten. Dann endlich durfte ich mein Anliegen loswerden, daß ich eben gerne die Bar und nicht den Tisch BJÖRKUDDEN mit der Artikel-Nummer 900.875.41 gerne erwerben würde. Sie tippt etwas in ihren Computer ein und meint, daß die Bar BJÖRKUDDEN heißen würde und nicht BJÖRN. Ohne Worte... drei Minuten später bekam ich einen Ausdruck, den ich an der Kasse bezahlen sollte und die Bar dann in der Warenausgabe bekommen würde. Also wieder runter zu meinem Wagen und ab an die Kasse. Da fiel mir ein, daß ich für mein bisheriges, silbernes BILLY-Regal noch zwei zusätzliche Fachboden erstehen wollte. Tja, ich fand im Touchscreen-System die Böden auch, allerdings nur in weiß, Birke oder Buche. Wenn's wenigstens Silberpappel gewesen wäre... Im Regal fand ich dann nur noch Buche, Glas oder weiß. Nehm' ich eben Glasböden, die sehen eher cooler aus. Aber nun zur Kasse. Dort dann das übliche Warten... So nach etwa 20 Minuten kann ich dann endlich meine 287€ loswerden. Alles ins Auto gepackt und ab zur Warenausgabe. Dort dann eine echte Überraschung: mein BJÖRKUDDEN wartet bereits auf einem Wagen auf mich. Rechne ich nur die reine Wartezeit, hat mich BJÖRKUDDEN schlappe 75 Minuten und einiges an Nerven gekostet. So schnell wird man über mich nicht mehr sagen können: Idioten Kaufen Einfach Alles!

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