
Eines muß ich mal ganz nebenbei anmerken. Das digitale Zeitalter ist schon eine geile Sache. Knapp 10.000 km von zu Hause entfernt und das Mobiltelefon funktioniert genauso gut wie zu Hause (über die Minutenpreise breite ich mal lieber den Mantel des Schweigens), der Laptop geht im Hotel dank DSL fast genauso schnell ins Internet und dann so geniale Erfindungen wie e-mail, Digitalkameras, ICQ und Skype verwandeln die Welt langsam wirklich in ein globales Dorf.
Und durch Skype kamen mein Kollege Chris (seinen Blog findet man übrigens unter asiachris.blogspot.com) und ich in den Genuß einer Sightseeing-Tour, die so ganz bestimmt kein zweites Mal vorkommt. Chris hatte mal wieder nichts besseres zu tun, als mit Skype rumzuexperimentieren. Ich weiß zwar ehrlich gesagt nicht, wie er das angestellt hat, aber irgendwann poppt bei mir seine Sofortmeldung auf, wir würden uns am Samstag um 15 Uhr an der MagLev-Station (für alle die nicht wissen, was der MagLev ist: in Deutschland kennt man dieses Geschoß nur durch seinen spektakulären Unfall auf der Teststrecke, der Bau einer Strecke für den realen Einsatz scheitert wie immer an politischen Grabenkriegen).

Samstag mittag klingelt mein Mobiltelefon. Chris kündigt an, daß er in Jinshan, ein Ort ca 60km von Shanghai entfernt, losfährt. Aus der Erfahrung weiß ich, daß ich noch so etwa 1,5 Stunden Zeit habe. Treffpunkt ist mein altes Hotel in der Caoxi Road. Ich steige gerade aus meinem Taxi, da hält hinter mir ein weiteres. Chris zahlt den Fahrer und steigt aus, was für ein Timing. Das Ziel ist die U-Bahn, die uns mit einmal Umsteigen bis zur Longyang Station bringt, die gleichzeitig Shanghai City und den Pudong International Airport durch den MagLev verbindet. Mandy trifft leicht verspätet ein, sie ist im Shanghaier Verkehr steckengeblieben. Chris und ich nutzen die Zeit bis dahin für Knipsen bis zum Erbrechen. schließlich sieht man nicht allzu oft deutsche Ingenieurskunst ohne entsprechendes Pendent in Deutschland. 160 RMB kostet das Roundtrip-VIP-Ticket, das wir uns gönnen. Mandy meint zwar, es wäre kein Unterschied zwischen Economy und VIP. Prinzipiell richtig, aber die Details machen den Unterschied. So öffnet ein netter Herr nach kurzer Sichtkontrolle der Tickets die Absperrung aus einem roten samtartigen Seil. Die nette Zugbegleiterin nimmt uns sogar den lästigen Druck auf den Türknopf ab. Und wir haben die erste Klasse und die neidischen Blicke der Economy-Class für uns alleine. Dann hebt sich der Zug ein wenig an und schwebt auf seinem Magnetfeld. Gleich

wird sich die Frage von Chris und mir nach der Beschleunigung von null auf 430 km/h klären: nicht anders wie ein ICE-III. Anfangs schwimmt der Zug noch etwas unruhig aber ab ca. 200 km/h fährt der Zug wie auf Schienen. 300 km/h... ja Baby gib's uns, 350 km/h, gib's uns richtig, 400 km/h, ja, so wollen wir das. 431 km/h stehen auf dem Display, und die Autos auf der parallel verlaufenden Autobahn scheinen wirklich zu stehen. Kein Vergleich zur ICE3-Trasse entlang der A3 zwischen Köln und Frankfurt/Main. Insgesamt 8 Minuten dauert der Spaß, dann erreichen wir den Flughafen. Naja, den wollen wir ja nicht sehen, da haben Chris und ich am kommenden Samstag noch mehr als genügend Zeit dafür. Also wieder auf den Rückweg. Und 10 Minuten später stehen wir am Ausgangspunkt der MagLev-Reise.
Mandy schlägt uns einen Spaziergang über die Nanking Road vor, die Einkaufsmeile von Shanghai. Hier gibt es alles von der kopierten DVD über gefakte Rolex und echte Marken bis zu den sündhaft teuren Designerwaren. Ein Gedränge wie in Stuttgart am letzten Adventsamstag auf dem Weihnachtsmarkt. Nur das hier die Straße ca. 20m breit ist. Von hier pilgern wir weiter zur French Consession, ein Stadtviertel, das die Franzosen während ihrer Besatzung von Shanghai stark geprägt haben. Und wohl die einzige Ecke Shanghais mit max. drei

stöckigen Gebäuden. So langsam haben wir alle Hunger. Das erste lokal erweist sich als unbrauchbar, da es mehr eine Bar ist und zudem auch noch einen Mindestverzehr pro Tisch verlangt. Also weiter, und so landen wir in einem Lokal, daß typisch Shanghaier Küche serviert. Wir ordern kreuz und quer durch die Karte: Shrimps, Schweinefleisch in brauner Sauce, Kürbisplätzchen mit Sesamfüllung, Gemüse, irgendein typisches Gericht der Shanghaier Küche (nix für Leute die schon beim Gedanken an Chillies Schweißausbrüche bekommen) Krabbenfleisch-Dumplings und zum ersten Mal seit ich in Asien bin bestelle ich auch Frühlingsrollen dazu. Der obligatorische Tee mit leichtem Chlornachgeschmack und der Dynasty Rotwein runden das Mahl ab. 22 Uhr und was nun? Chris meint, er braucht Bass. Mir ist damit klar, jetzt hilft nur noch der Boiling Pub in der H

engshan Road. Feinste Beats von HipHop über House, Trance und Techno gepaart mit einer gutsortierten Getränkekarte, GoGo's und gelegentlichen Einlagen der Barcrew machen den Besuch zum Erlebnis (vielleicht schaffe ich es ja mal das dort gedreht 4 Minuten-Video auf deutlich unter 300MB einzudampfen, damit es auch auf YouTube landen kann
http://my-asia.blogspot.com/2006/12/boiling-pub.html). Als wir ankommen fährt der DJ gerade auf der HipHop-Schiene. Also mal eben das Schild der Basecap um 164,38° gedreht und mit bösen Blicken einen auf HipHopper machen. Einen Long Island Icetea (in 2 Minuten vernichtet) und 2 Sex on beach später klappt das sogar mit den typischen Moves wie in einem Video auf MTV. Noch einen Icetea später geht's mehr in Richtung House und weder Chris, Mandy, Lilly und ich können nicht mehr still halte

n. Und es kommt zu etwas, daß ich Deutschland seit dem Ende der Neuen Deutschen Welle nicht mehr gamcht habe: ich frage Mandy, ob sich mich zur Tanzfläche begleitet. Und es geht ab... Selbst Chris ist im Tanzfieber. Zusammen mit Lilly rockt er den Dancefloor und landet irgendwann zwischen 1 und 2 Uhr morgens mit ihr auf der Bühne der GoGos. Scheiße, und ich hab die Kamera zusammen mit den anderen Sachen eingeschlossen. Bis 3 Uhr morgens feiern wir eine private Party, die
sich gewaschen hat. Und dann wird's Zeit einen schönen Tag zu beenden, der Club macht zu, Chris hat noch 1,5 Stunden Taxifahrt vor sich, die Mädels wollen auch nach Hause und ich bin der einzige, der noch noch was trinken will...